GoTo mit Spaßfaktor: Die OpenAstroTech Fotomontierung zum Selberbauen
Eine Montierung selbst zusammenbauen: In diesem Testbericht erfahren Sie, wie sich dieser außergewöhnliche Astrotracker mit GoTo-Funktion am Himmel bewährt.
Sternfelder mit OpenAstroTech einfach fotografieren - wie das einfach aber günstig geht
Sternfeldaufnahmen mit der eigenen Spiegelreflex- oder Systemkamera sind der perfekte Einstieg in die Astrofotografie. Wäre da nicht das Aufsuchen der Ziele. Unter einem aufgehelltem Himmel mit dem Kamerasucher ist das eine Herausforderung, oft braucht es mehrere Versuche, bis sich das Objekt auf den ersten Probeaufnahmen zeigt.
Toll wäre eine Fotomontierung mit GoTo-Funktion - am besten eine, die nicht gleich das Budget sprengt. Das schafft der ungewöhnliche OpenAstroTech DIY GoTo Tracker. Die Montierung wird mit einer vollwertigen Computersteuerung geliefert. Ziele können über Koordinaten eingegeben werden oder ganz bequem via Verbindung mit dem Computer.
OpenAstroTracker: Selbst ist der Astronom
Die Macher gehen einen ungewöhnlichen Weg, der Tracker kommt als Bausatz und besteht aus Aluminiumprofilen sowie 3D-Druckteilen. Kann das funktionieren? Die Antwort ist ein klares: „Ja, sogar ausgezeichnet“. Schauen wir uns das Teil einmal genauer an.
Schrauben, Muttern, Spaß: der Zusammenbau des DIY-Trackers
Das Prinzip der äquatorialen Hufeisenmontierung platziert das Teleskop – oder hier besser die Kamera – im Schnittpunkt der beiden Achsen, Ausgleichsgewichte sind nicht erforderlich. Das klappt beim 5 m Hale-Teleskop auf dem Mount Palomar, warum also nicht auch hier?
Die Basis besteht aus stabilen Aluprofilen, die mit Innensechskantschrauben und Spezialmuttern verbunden werden. Die Schrauben liegen in so reichlicher Menge bei, dass mal eine unter dem Sofa verschwinden kann. Auch die passenden Inbusschlüssel sind an Bord, somit ist kein weiteres Werkzeug erforderlich. Die 3D-Druckteile sind von ausgezeichneter Qualität, leicht und stabil. Wo erforderlich, sind Gewindebuchsen aus Messing eingesetzt.
Der Zusammenbau benötigt etwa 2,5 Stunden inkl. des Studiums der Anleitung und ist für jeden zu schaffen, der gerne mal zum Schraubenzieher greift. "Zu schaffen" klingt nach Arbeit, dabei macht die Montage richtig Spaß. Die Teile sind perfekt vorbereitet und nach Baugruppen sortiert verpackt. Elektrische Verbindungen werden gesteckt, Löten ist nicht erforderlich. Alles passt ohne Nacharbeit.
Die ausführliche englische Anleitung für den Zusammenbau findet man im Internet, der beiliegende QR-Code führt ohne Umstände zum Ziel. Es gibt Bilder zu jedem Schritt und eine zweite Version der Anleitung für den Selbstdruck der 3D-Teile. An ein paar Stellen kann man ins Stocken geraten, dazu gehört die richtige Einstellung der Polhöhe.
Die Lösung findet sich schließlich in der Anleitung für den Selbstdruck der 3D-Teile, hiermit lassen sich die Teile für 35° bis 45° oder 45° bis 55° zuordnen. Den Rest erledigt die hintere der drei Schrauben, auf denen der Tracker steht.
Ein weiterer Stolperstein ist die richtige Position der zentralen Aufnahmeschiene für Kamera und Guider, sie ist länger als erwartet. Wichtig: sie muss das rückseitige Lager passieren können, ohne anzustoßen, vorn darf sie überstehen.
Balanceakt: Die Bedeutung von Kamera und Gewicht
Die Motoren verursachen im "Leerlauf" ein geringes Geräusch, dass übertragen auf eine Tischplatte deutlich hörbar sein kann. Das ist normal, ohne Stromversorgung machen die Schrittmotoren „Siesta“, die Montierung kann ohne nennenswerten Widerstand von Hand verstellt werden. Hier ist Vorsicht geboten: Ist die Kamera nicht im Schwerpunkt montiert und die Stromversorgung wird unterbrochen, kann die Montierung ziemlich hart auf die Endposition aufschlagen. Es kann nicht schaden, zur Selbsthilfe zu greifen und in Eigenregie einen kleinen Gummistopper zu montieren.
Die Tragfähigkeit der Montierung beträgt übrigens maximal 2,5 kg, Kamera und Objektiv sollten zusammen nicht länger als 30-35 cm sein. Ab 200 mm Brennweite wird der optional erhältliche Autoguider empfohlen, damit die Sterne schön rund bleiben. Außer der Kamera wird noch eine 5 V USB-Powerbank zur Stromversorgung benötigt.
Während der Nacht: Tracker ausrichten und präzise Ziele anfahren
Ich verwende den Tracker mit einer Sony a7 III Vollformat-Kamera mit Tamron 70-180 Blende 2.8 Zoom und einer 12 V 1,5 A Powerbank, mit der das System auch bei Kälte ohne Probleme funktioniert.
Aufgestellt ist die Montierung fix, ein ausreichend stabiler Tisch oder eine Mauer sollten verfügbar sein. Mit der eingebauten Libelle wird der Tracker ins Wasser gestellt und die Montierung grob nach Norden ausgerichtet. Anschließend nur noch die Home-Position mit den Cursortasten anfahren und mit der Handsteuerbox bestätigen.
Für das Einnorden gibt es einen speziellen Modus: Nach dem Auswählen wird Polaris durch Drehen der Montierung in das Zentrum des Suchers gestellt, wobei die hintere Schraube für Polhöhe zuständig ist. Mit dem digitalen Sucher der Sony funktioniert das sehr gut, ohne Vergrößerung hilft die Driftmethode bei der Einstellung - eine spezielle Methode zur genauen Polausrichtung einer astronomischen Montierung.
Abschließend muss der aktuelle Stundenwinkel von Polaris eingeben werden, den Wert findet man in der Astronomiesoftware „Stellarium“, dank Smartphone auch mobil. Die Handsteuerbox enthält eine Liste interessanter Ziele, eine Datenbank mit Tausenden von Objekten sucht man allerdings vergebens. Mit der Box kann man das Ziel über die Koordinaten RA. und DEC. eingeben. Überlässt man die Steuerung dem Computer und einem ASCOM-kompatiblen Planetariumsprogramm, entfällt die manuelle Eingabe.
Es geht los, beim Anfahren des Ziels wird der verbleibende Weg in Prozent angezeigt, ein nettes Feature für ungeduldige Astrofotografen. Die Genauigkeit der Anfahrt wird mit circa einer Bogenminute angegeben, die Nachführgenauigkeit mit etwa einer halben, für die geringen Vergrößerungen der Sternfeldaufnahmen meist kein Thema. Mit dem Autoguider verbessert sich die Genauigkeit der Nachführung auf etwa eine Winkelsekunde.
Die Fotos im Kasten und das nächste Tiefdruckgebiet naht. Der Hersteller empfiehlt, die Montierung kühl zu lagern und die Treibriemen für die Lagerung zu entspannen, so sind die 3D-Druckteile vor Verzug geschützt.
OpenAstro Tracker: Bereit für das nächste Astrofoto
Ich mag den OpenAstro Tracker. Das Teil ist stabil, puristisch, auf das Wesentliche beschränkt. Alles ist bis ins Detail durchdacht, es gibt sogar einen Halter für die Handsteuerbox.
Kleine Diskrepanzen in der Anleitung fallen nicht ins Gewicht und sind der kontinuierlichen Weiterentwicklung geschuldet. Auch im Handling wären ein paar kleine Verbesserungen denkbar, trotz der gut 3 kg Gewicht ist der Tracker schnell versehentlich verschoben, bei häufiger Benutzung an einem Ort wäre eine Art Aufnahme für die Füße ideal.
Die Home-Position ist sehr unauffällig markiert, im Dunkeln ist das schwer zu bemerken. Zu gut zu sehen ist das zweizeilige, blau hinterleuchtete Display, es scheint weit in die Nacht hinaus. Das kennen wir allerdings auch von aktuellen Smart-Teleskopen.
Eine Wifi-Verbindung ist aktuell nicht mit der Standard-Elektronik verfügbar, das kommt ganz oben auf meine Wunschliste.
Kritisch ist nichts davon, der Eindruck bleibt rundum erfreulich. Der Zusammenbau macht Spaß, die Performance stimmt, und in seiner Preisklasse ist der Tracker ohnehin konkurrenzlos. Jetzt muss sich nur noch dieses Tiefdruckgebiet verziehen. Der Powertank ist schon für die nächste klare Nacht geladen.
Autor: Jakob Weyde