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Produkttests

Das Smart-Teleskop Unistellar eQuinox 2 – Geheimtipp für Galaxienjäger

Smart-Teleskope revolutionieren den Einstieg in die Amateurastronomie. Aber das Unistellar eQuinox 2 ist nicht nur für Einsteiger interessant.

Unistellar Equinox 2

Früher war es üblich – und notwendig – erste Erfahrungen mit der visuellen Beobachtung zu sammeln, notwendigerweise inklusive Orientierung am Himmel. Erst als erfahrener Beobachter durfte man sich an die Astrofotografie heranwagen. Die neue Kategorie der Smart Telescopes stellt dieses Weltbild auf den Kopf und macht den Einstieg über die Astrofotografie möglich. Benötigte Vorkenntnisse: keine.

Wie Smart-Teleskope die Astrofotografie einfacher machen

Statt des Fangspiegels ist im eQuinox direkt der Bildsensor verbaut. Statt des Fangspiegels ist im eQuinox direkt der Bildsensor verbaut.

Diese Revolution wird durch die Kombination einer klassischen Teleskop-Optik - im Fall des eQuinox 2 eines 114 mm f/3.9 Newtons - mit einem Bildsensor aus der Digitalfotografie, einer automatisierten Montierung und einem Smartphone als Steuerzentrale möglich. Eine direkte visuelle Beobachtung wie bei einem traditionellen Teleskop ist nicht mehr vorgesehen.

Und die Navigation am Himmel? Dafür brauchen Sie natürlich auch keinen Sextanten mehr. Über eine "Plate Solving" genannte Technologie kann das Teleskop seine Position am Himmel bestimmen und dank der motorisierten Montierung Ziele autonom anfahren und nachführen. Diese Technik nutzt die Tatsache, dass kein Sternfeld dem anderen gleicht. Erstaunlich: Hier sind die Koordinaten von 37 Mio. Sternen gespeichert. Die Ausrichtung am Himmel geschieht mit einem Klick in der App, sobald genug Sterne sichtbar sind. Gibt man ein Ziel ein, wird die Ausrichtung nach dem Schwenk auf die Zielregion in mehreren Schritten verfeinert, bis das Objekt präzise eingestellt ist.

Die majestätische edge-on Galaxie NGC 891, fotografiert mit dem Unistellar eQuinox 2. 8 Minuten Stacking ohne Nachbearbeitung. Die majestätische edge-on Galaxie NGC 891, fotografiert mit dem Unistellar eQuinox 2. 8 Minuten Stacking ohne Nachbearbeitung.

Unistellar eQuinox 2: Die Hard Facts hinter dem schönen Design

Die solide Einarmmontierung wird auf das Stativ gesetzt und mit zwei Schrauben gesichert. Die solide Einarmmontierung wird auf das Stativ gesetzt und mit zwei Schrauben gesichert.

Mit 114 mm Öffnung und 450 mm Brennweite ist das eQuinox 2 ein ausgewachsenes Teleskop. Der 75 x 47 x 27 cm große Karton wiegt über 12 kg, das einsatzbereite Teleskop samt Stativ immer noch knapp 10 kg. Die Kombi aus Teleskop und Stativ verlangt beherztes Zupacken, ein Tragegriff an der Montierung würde die Handhabung erleichtern.

Das eQuinox 2 verfügt über einen 6,2 Megapixel auflösenden Sensor, beim Vorgänger waren es noch 4,9 Megapixel. Das Gesichtsfeld am Himmel beträgt unverändert 34 x 47 Bogenminuten, Mond oder Sonne passen also komplett ins Format. Ein Sonnenfilter ist als Zubehör erhältlich, ebenso eine hochwertige Rucksack-Transporttasche.

Die Verpackung und Präsentation des Teleskops ist hochwertig, das Zubehör - ein Ladeadapter und ein Set an Inbus- und Sechskantschlüsseln - von ausgezeichneter Qualität. Sogar zwei Ersatzschrauben für die Befestigung des Teleskops am Stativ liegen bei.

Schnellstart und ausführliche Anleitung stehen zum Download bereit, eine beigelegte Karte mit QR-Code weist den Weg. Die in Deutsch, Englisch, Französich und Japanisch verfügbaren Manuals sind ausführlich und von sehr guter Qualität, sieht man von gelegentlichen fremdsprachigen Einsprengseln ab.

Das Teleskop ist schnell aufgestellt und einsatzbereit. Der Akku ist eingebaut und wird über das beiliegende Netzteil geladen. Mit einer Ladung sollen 11 h Betrieb möglich sein.

Der Emissionsnebel NGC 6888 im Schwan. Foto mit dem Unistellar eQuinox 2, 11 Minuten Stacking ohne Nachbearbeitung. Der Emissionsnebel NGC 6888 im Schwan. Foto mit dem Unistellar eQuinox 2, 11 Minuten Stacking ohne Nachbearbeitung.

So wird das Smartphone zur Steuerzentrale für das Teleskop

Das eQuinox 2 lässt sich über die Unistellar Smartphone-App steuern, die Sie auch ohne Teleskop herunterladen und schon einmal ausprobieren können. Wird es ernst, verbinden Sie das Smartphone mit dem vom Teleskop aufgebauten WLAN. Die Steuerung funktioniert auf Anhieb, wegen der stabilen Verbindung auch aus Innenräumen, zum Beispiel bei kalter Witterung. Das Teleskop soll bis zum Gefrierpunkt arbeiten.

Die interne Datenbank enthält mehr als 5.000 Objekte, inkl. Mond, Planeten, 110 Messier-Objekte und 2.500 Objekte aus dem New General Catalog. Kometen und Kleinplaneten sind ebenfalls an Bord. Einige Highlights werden passend zum aktuellen Himmel vorgeschlagen. Ziele können Sie über die Suche finden und anfahren, bei den von uns getesteten NGC-Objekten gelang das ohne Probleme.

Alles in Position?

Mit zwei Torx-Schrauben neben dem Fokusrad kann das eQuinox justiert werden. Mit zwei Torx-Schrauben neben dem Fokusrad kann das eQuinox justiert werden.

Unistellar empfiehlt, als ersten Schritt die Kollimation zu überprüfen. Dazu soll der Nutzer einen Stern anfahren und unscharf einstellen, die Justierung wird dann anhand des Fangspiegelschattens mit zwei Torx-Schrauben am Tubusende durchgeführt. Das half bei unserem Textexemplar nicht, um das deutlich sichtbare Koma zu entfernen. Besser funktioniert die Justage anhand der Bildergebnisse: Ist am linken Bildrand Koma sichtbar, wird die Torx-Schraube bei 9 Uhr auf der Rückseite der Spiegelzelle im Uhrzeigersinn verstellt, am besten zunächst eine Viertel Umdrehung. Dann eine neue Aufnahme schießen und ggf. weiter korrigieren. Das führt in wenigen Schritten zu befriedigenden Ergebnissen.

Die Schärfe wird mit Hilfe einer in die Abdeckung des Tubus integrierten Bahtinov-Maske eingestellt, dazu muss die Belichtungsautomatik deaktiviert werden. Mit etwas Gefühl – der Stern wandert bei Berührung des Tubus aus, die App reagiert zeitverzögert – führt das zu einwandfreien Ergebnissen. Eine Kalibrierung des Sensors mit einem sogenannten "Dark Frame" wird ebenfalls empfohlen, dazu bleibt der Tubus geschlossen.

Und Action: Das Smart Teleskop bei der Arbeit

Dann kann es losgehen: Das Live-Vorschaubild zeigt helle Sterne, aber zumindest bei der Deep Sky-Beobachtung meist nicht das Zielobjekt. Dazu muss der "Enhanced Vision"-Modus aktiviert werden, der das Stacking der 4 Sekunden Einzelaufnahmen startet. Viele interessante Objekte sind bereits nach zwei Minuten gut zu sehen, längere Aufnahmen bringen ein Plus an Details und weniger Rauschen. Ein Klick auf die Foto-Taste speichert die Aufnahme auf dem Smartphone, zusätzlich werden die Daten auf der internen 64 GB SD-Karte abgelegt. Unistellar arbeitet daran, RAW-Bilder für die Nachbearbeitung zugänglich zu machen.

Der offene Sternhaufen NGC 7789 "Caroline's Rose". Foto mit dem Unistellar eQuinox 2, 6 Minuten Stacking ohne Nachbearbeitung. Der offene Sternhaufen NGC 7789 "Caroline's Rose". Foto mit dem Unistellar eQuinox 2, 6 Minuten Stacking ohne Nachbearbeitung.

Die Karten auf den Tisch: So haben wir das eQuinox erlebt

Wie schlägt sich das Unistellar eQuinox 2 in der Beobachtungspraxis? Wir waren beeindruckt von den Ergebnissen, die das Teleskop bereits nach 2-3 Minuten Stacking liefert – die mit 114 mm für ein Smart-Teleskop große Öffnung lässt grüßen. Besonders Galaxien liefern exzellente Ergebnisse, die das Teleskop zum Geheimtipp für visuelle Galaxienjäger machen und neben belastbaren Indikatoren für die Sichtbarkeit auch noch geniale Aufsuchfotos liefern. Einzig der nicht vorhandene Nacht-Modus der App stört das Beobachterglück, die Dunkeladaption ist mit einem Blick auf das Smartphone dahin. Hier hilft nur rote Folie.

Unistellar liefert mit dem eQuinox 2 ein überzeugendes Gesamtpaket aus, das nicht nur für Einsteiger interessant ist. Im Gegenteil: als erfahrener visueller Beobachter auf der Jagd nach immer schwächeren "faint fuzzies" wünscht man sich diesen Begleiter an jedem Beobachtungsabend neben sich. Ein Tragegriff und ein Nachtmodus der App würden das Produkt noch überzeugender machen. Der angekündigte Download der RAW-Bilder macht das Smart-Teleskop auch für Astrofotografen interessant, die mit wenig Aufwand zu bearbeitbaren Fotos von Deep Sky-Objekten kommen wollen.

Autor: Marcus Schenk

Marcus ist Sterngucker, Content Creator und Buchautor. Seit 2006 hilft er Menschen, das richtige Teleskop zu finden - heute über Texte und Videos. In seinem Buch "Mein Weg zu den Sternen für dummies Junior" zeigt er jungen und junggebliebenen Leuten, was sie am Himmel entdecken können. 

Als Kaffee-Junkie hätte er am liebsten seine Siebträger-Espressomaschine auch unter dem Sternenhimmel dabei.