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Epsilon Lyrae - das berühmte "Doppel-Doppel"

Ein Doppelstern aus Doppelsternen: Die erste Trennung gelingt mühelos, für die Paare sind dann höhere Vergrößerungen erforderlich.

Epsilon Lyrae ist nicht nur ein Doppelstern, sondern ein doppeltes Doppel. Julian Zoller Epsilon Lyrae ist nicht nur ein Doppelstern, sondern ein doppeltes Doppel. Julian Zoller

Erinnern Sie sich noch an das erste Himmelsobjekt, auf das Sie Ihr erstes Fernrohr gerichtet haben? Der Verfasser hatte sein "First-Light-Erlebnis" im ersten Sommer nach der Jahrtausendwende mit Wega oder α Lyrae, dem hellsten Objekt am Abendhimmel, das sich bequem mit geringster Vergrößerung einfangen ließ. Faszinierend war dabei allerdings weniger Wegas Helligkeit als vielmehr ein kleines, östlich gelegenes Sternenpaar mit absolut gleich hellen Sonnen. Das Paar war, wie sich später herausstellte, Epsilon 1 und Epsilon 2 Lyrae und hätte den Betrachter bei Verwendung einer höheren Vergrößerung vermutlich noch sehr viel mehr fasziniert: Jeder Stern des Paares bildet nämlich seinerseits ein Paar, jeder Stern des Doppelsterns ist ebenfalls ein Doppelstern.

Doppelter Beobachtungsgenuss

Zeichnung von Epsilon Lyrae mit einem 12 Zoll Newton bei einer Vergrößerung von 250×. Ferenc Lovró Zeichnung von Epsilon Lyrae mit einem 12 Zoll Newton bei einer Vergrößerung von 250×. Ferenc Lovró

ε Lyr gilt in der astronomischen Beobachtungsliteratur als der Doppelstern schlechthin: Beide Komponenten sind annähernd gleich hell (5m und 5,m3) und lassen sich bei entsprechend hoher Vergrößerung – genannt werden häufig Vergrößerungen ab ca. 100× – in wiederum vier Komponenten auflösen. Diese sind ihrerseits fast gleich hell (Epsilon 1: 5m und 6,m1, Epsilon 2: 5,m3 und 5,m4) und in nahezu gleichen Abständen voneinander entfernt (2,1" und 2,4"). Alles zusammen ergibt ein faszinierendes Bild, das jeden Beobachter in den Bann zieht, unabhängig davon, wie groß das Instrument ist und wie lichtverschmutzt der Standort.

Als Stadtbeobachter hat man es zugegeben bei der Trennung etwas schwerer. Erst bei Vergrößerungen ab 166× zeigte sich zwischen den Komponenten ein haarbreiter Spalt, beim südlich gelegenen Epsilon 2 ein wenig früher als bei Epsilon 1. Während sich hier noch die kurz vor einer Trennung typische 8 zeigte, trennte die Komponenten von Epsilon 1 bereits ein dunkler Zwischenraum. Ein Unterschied, der wohl an der etwas größeren Differenz der Magnituden liegt. Wenn man sie aber erst einmal getrennt hat, ist der Anblick berauschend.

Das Doppel-Doppel und noch mehr Komponenten

Das Licht von Epsilon 1 und 2 ist rund 160 Jahre zu uns unterwegs, eine vergleichsweise kurze Zeit. Interessant ist aber vor allem, dass beide Doppelsterne nicht wie viele Artgenossen nur optisch, sondern physikalisch miteinander verbunden sind, wobei allerdings die Umlaufperioden mit 1170 bzw. 585 Jahren extrem lang erscheinen. Ambitionierte Stadtbeobachter können sich übrigens auf die Suche nach weiteren Komponenten des Doppel-Doppel machen. Fünf sollen in Reichweite der amateurastronomischen Beobachtungsmöglichkeiten liegen. Die hellste von ihnen dürfte aber mit rund 10 Magnituden wohl nur bei exzellenten Bedingungen wahrnehmbar sein. Sie liegt etwa in der Mitte zwischen Epsilon 1 und 2 und beschreibt mit diesen Sonnen ein rechtwinkliges Dreieck. Für Stadtastronomen eine echte Herausforderung!

Aufsuchkarte für das Doppel-Doppel ε Lyr. J. Scholten Aufsuchkarte für das Doppel-Doppel ε Lyr. J. Scholten

Autor: Karl-Peter Julius / Lizenz: Oculum-Verlag GmbH