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Praxis

Das silberne Himmelsband

Dieses Ziel erfordert einen Trip aufs Land, jenseits der Lichtglocken unserer Städte. Dort ist die Milchstraße ein Erlebnis.

Oliver Henze Oliver Henze

Die Sommer-Milchstraße mit bloßem Auge

Die Beobachtung der Milchstraße
ist immer wieder ein großartiges Erlebnis.
In Richtung des Zentrums erscheint sie besonders
hell. Oliver Henze Die Beobachtung der Milchstraße ist immer wieder ein großartiges Erlebnis. In Richtung des Zentrums erscheint sie besonders hell. Oliver Henze

Eines der größten Wunder des Nachthimmels ist bereits mit dem bloßen Auge sichtbar: die Milchstraße. In einer klaren und mondlosen Sommernacht fern der hellen Städte überspannt ihr silbernes Band das gesamte Firmament. Sie reicht in unseren Breiten jetzt vom Sternbild Perseus am Nordhorizont bis zum Schützen am Südhorizont.

Bei genauer Beobachtung erscheint die Milchstraße strukturiert: Helle, wolkenartige Verdichtungen wechseln sich mit dunklen Arealen ab. Alleine die Beobachtung mit dem bloßen Auge bleibt stundenlang spannend.

Kosmische Heimat

Aus kosmischer Sicht betrachtet ist die Milchstraße unsere Heimatgalaxie. Sie ist eine Ansammlung von mehreren 100 Milliarden Sternen, die gemeinsam ein Zentrum umkreisen. Auch unsere eigene Sonne gehört zu diesen Sternen. Die vier- oder fünfarmige, scheibenförmige Spirale hat einen Durchmesser von 100.000 Lichtjahren und eine Dicke von 3000 Lichtjahren. Das Zentrum ist aufgewölbt und erreicht eine Dicke von 16.000 Lichtjahren. Unser Sonnensystem befindet sich dabei in einem der Spiralarme in etwa 26.000 Lichtjahren Entfernung zum Zentrum und nur ungefähr 45 Lichtjahre oberhalb der Ebene der Galaxienscheibe. Das Alter der Milchstraße wird auf rund 13 Milliarden Jahre geschätzt.

Nur 6000 Sterne

Von diesen vielen Milliarden Sternen sehen wir jedoch nur einen winzigen Teil. Je nach Leuchtkraft der Sterne dringt ihr Licht nur noch aus Entfernungen von wenigen Lichtjahren bis zu einigen tausend Lichtjahren zu uns. So können von der gesamten Erde aus ungefähr 6000 Sterne unter einem dunklen und mondlosen Nachthimmel erkannt werden. An einem bestimmten Ort der Erde sind es sogar nur noch etwa 2500. Die übrigen Sterne sind zu schwach, um mit dem bloßen Auge wahrgenommen zu werden. Dort, wo man genau in die Ebene der scheibenförmigen Galaxis blickt, stehen die Sterne besonders dicht am Himmel zusammen. Ihr Licht ergibt das Band der Milchstraße.

Diese Zeichnung macht deutlich, wie detailliert man die Milchstraße an einem sehr dunklen Standort mit bloßem Auge erkennen kann. Markus Dähne Diese Zeichnung macht deutlich, wie detailliert man die Milchstraße an einem sehr dunklen Standort mit bloßem Auge erkennen kann. Markus Dähne

Spektakuläre Gabelung

Direkt über dem Kopf des Beobachters findet sich im Sommer das Sternbild Schwan. Dort liegt ein besonders auffälliger Teil der Sommer-Milchstraße: die sogenannte "Große Cygnuswolke". Das Band der Milchstraße gabelt sich bei Deneb. Der westliche Strom endet im Schlangenträger, während der östliche bis hin zum Schützen reicht. Diese Gabelung wird auch "Great Rift" genannt. Die dunklen Areale entstehen durch ausgedehnte Gas- und Staubwolken, die das Licht dahinterliegender Sterne abschwächen. An einem dunklen Standort ist das "Great Rift" eine imposante Erscheinung und der Wechsel von hellen und dunklen Bereichen sehr auffällig.

Im Zentrum der Galaxis

Folgt man dem Verlauf der Milchstraße in Richtung Süden, wird das Band in den Sternbildern Schild und Schütze immer breiter und strukturierter. Helle Sternwolken dominieren nun das Bild. Dort liegt das Zentrum der Galaxis mit der größten Sternendichte. Das hellste Areal im Sternbild Schild wird als Schildwolke bezeichnet, das im Sternbild Schütze als Schützewolke. Da in diesen hellen Arealen weniger Dunkelwolken vorhanden sind, kann der Beobachter wie durch einen Tunnel in entfernter liegende Bereiche des Milchstraßenzentrums blicken. Unser Blick aus dem Inneren der Milchstraße ähnelt dem Blick auf eine Galaxie, bei der wir von außen gesehen genau auf die Kante blicken.

Von der Seite aus betrachtet
gleicht unsere Milchstraße
einer flachen Scheibe mit zentraler
Ausbuchtung. Abenteuer Astronomie Von der Seite aus betrachtet gleicht unsere Milchstraße einer flachen Scheibe mit zentraler Ausbuchtung. Abenteuer Astronomie

Am Rand der Scheibe

Am nördlichen Horizont findet die Milchstraße im Sommer ihren Abschluss im Sternbild Perseus. Dort blicken wir mehr zum äußeren Rand der Galaxienscheibe. Die Sterndichte ist deshalb wesentlich geringer als in Richtung des Zentrums. Die Milchstraße erscheint in diesem Abschnitt deutlich schwächer und schmaler.

Praxistipp

Raus aufs Land

Heute muss man dem störenden Licht der Städte entfliehen, um dieses Naturschauspiel der Milchstraße in seiner vollen Pracht bewundern zu können. In Stadtnähe wird die Milchstraße durch das helle Licht von Straßenlaternen, Häuserbeleuchtung und Leuchtreklamen einfach überstrahlt. Hier lohnt sich ein Ausflug von wenigstens einer halben Autostunde auf das Land an einen Standort mit freier Sicht auf den Südhorizont.

Autor: Lambert Spix / Lizenz: Oculum-Verlag GmbH