Planetenaufnahmen de-rotieren
Einmal zurückspulen bitte!
Planetenaufnahmen brauchen viele Bilder, leider begrenzt die Eigenrotation die Länge der Videos. Doch dagegen gibt es ein Mittel.
Die Länge der Planetenvideos wird durch die Eigenrotation der Planeten begrenzt, da sie sonst für Unschärfe sorgt. Doch dagegen gibt es ein Mittel…
Die Fotografie tiefstehender Planeten leidet verstärkt unter schlechtem Seeing. Wenn Mars im Sommer beispielsweise in etwa 20° Höhe kulminieren, bedeutet dies rund die dreifache Luftmasse im Vergleich zu einer Winteropposition. Folglich dauert es im Allgemeinen länger, bis genug scharfe Bilder im Videostrom eingefangen werden konnten – eventuell länger, als die Rotationsgeschwindigkeiten der Planeten erlauben. Doch die Software WinJUPOS sorgt hier für eine kleine Revolution. Sie ist in der Lage, einen Planeten zurückzudrehen, sodass Aufnahmen aus einer größeren Zeitspanne zu einem Bild überlagert werden können. Natürlich gibt es auch hier Grenzen, denn eine zu starke De-Rotation führt zu störenden Artefakten am Planetenrand. Manche Planetenfotografen nutzen aber immerhin bis zu 30 Minuten lange Videodateien, was dann als "Gesamtbelichtungszeit" angegeben wird.
Eine Regel bleibt für die Anwendung der RGB-Technik aber bestehen: Die Länge der Einzelvideos sollte nach wie vor nicht zu groß sein, um eine saubere Überlagerung der Farbkanäle zu ermöglichen. Folgende Zeiten dienen als Richtwerte für die Planeten des Jahres bei einem Sampling von 0,2"/Pixel: Für Mars gestaltet sich die Situation mit 150s pro Farbkanal noch komfortabel, der schwierigste Fall ist hingegen Jupiter mit rund 30s. Bei Saturn dürfen die Videos mit 90s wieder etwas länger sein. Die Einzelvideos bleiben zwar kurz, jedoch wiederholt sich die RGB-Sequenz je nach Bedarf. Daraus entstehen z. B. nach Auswertung mit dem Programm AutoStakkert! entsprechend viele Farbbilder des Planeten. Für sich genommen sind sie aufgrund der wenigen scharfen Bilder und der folglich geringen Verwendungsraten zu rauschig. Nach der De-Rotation mit WinJUPOS werden diese Einzelergebnisse jedoch zu einem Bild zusammengefügt, das ein besseres Rauschniveau aufweist. Im Folgenden wird der Arbeitsablauf in WinJUPOS beschrieben.
Bilder einmessen
Los geht es mit dem Vermessen der Bilder, damit WinJUPOS die De-Rotation durchführen kann. Im Menü wird der Vorgang über "Recording" und "Image measurement..." gestartet. Nun öffnet sich das Messfenster, in dem die wichtigen Einstellmöglichkeiten im linken Fensterteil angeordnet sind. Im Bereich "Imag." erfolgt das Laden des zu vermessenden Bildes und seine Datierung. Wichtig ist die Eingabe der Aufnahmezeit in UT, wobei die zeitliche Mitte des jeweiligen Videos eingegeben wird. Das eigentliche Vermessen folgt nun im Bereich "Adj.". Es wird eine Ausrichtungsmaske angezeigt, mit Umrisslinie, Äquator und Markierungen für Nordpol und vorauslaufendem Rand des Planeten. Die Anpassung erfolgt über die Pfeiltasten (Verschiebung), mit "Bild auf/Bild ab" (Größe) und den Tasten N und P (Rotation). Ist der Planet gespiegelt dargestellt, muss dies im Bereich "Opt." mit der Einstellung "Mirrored-inverted image" berücksichtigt werden.
Eine weitere Option, die Beachtung finden sollte, ist die Korrektur der Randverdunklung über "LD compensation". Die Standardwerte liefern in der Regel bereits gute Ergebnisse, die Stärke der Korrektur kann aber falls nötig angepasst werden. Diese Korrektur wird umso wichtiger, je länger die Gesamtbelichtungszeit ist. Nach geglückter Ausrichtung wird die Messung abgespeichert. Der Vorgang wiederholt sich für alle anderen Aufnahmen der Serie.
Bildserie de-rotieren
Die Funktion zur De-Rotation findet sich im Hauptmenü unter dem Punkt "Tools". Dabei gibt es drei Varianten, je nachdem, ob Videos, RGB-Sequenzen oder direkt Farbbilder verarbeitet werden sollen. Über "Edit" werden alle vermessenen Aufnahmen in die Liste geladen. Den nächsten Schritt bildet die Festlegung der Referenzzeit, auf welche die Rotation aller Bilder angepasst werden soll. Hier schlägt WinJUPOS sinnvollerweise bereits die zeitliche Mitte vor. Dies kann – falls gewünscht – verändert oder eines der Bilder per Rechtsklick als Referenz gesetzt werden.
Für die Ausgabe der Resultate können dann noch Dateiname, Bildformat, Bildgröße und Orientierung des Planeten definiert werden. "Compile image" liefert daraufhin die Überlagerung aller Bilder. Möchte man jedoch auch Kontrolle über den finalen Stacking-Prozess erhalten und diesen mit einem anderen Programm durchführen, ist auch die Ausgabe der de-rotierten Einzelbilder möglich.
Fazit
Mit der De-Rotationstechnik hat die Planetenfotografie in den letzten Jahren wieder einen bedeutenden Schritt vorwärts gemacht. Auch wenn der Workflow damit komplexer geworden ist, bessert sich doch bei ungünstigen Planeten-Oppositionen die Chance auf zufriedenstellende Resultate.
Autor: Mario Weigand / Lizenz: Oculum-Verlag GmbH