Zwei Filter kombinieren zur Hα-Sonnenbeobachtung
Was bringt Filter-Stacking?
Mehr Kontrast bei der Hα-Sonnenbeobachtung und -fotografie durch Kombinieren von zwei Filtern.
Doppelte Hα-Filter
Die Sonne ist aufgrund ihrer dynamischen Oberfläche eines der spannendsten und veränderlichsten Objekte für Hobbyastronomen, insbesondere bei Beobachtung der Chromosphäre mit Hα-Filtern. Auf dem Markt gibt es inzwischen eine Vielzahl an Filtern oder kompletten Hα-Teleskopen. Optional werden oft auch sogenannte "Double-Stack-Einheiten" angeboten. Dabei handelt es sich um einen zweiten Filter, der in Kombination mit einem vorhandenen Filter einen besseren Kontrast bieten soll.
Um die Chromosphäre beobachten zu können, müssen das Weißlicht der Photosphäre geblockt und gleichzeitig die Hα-Linien durchgelassen werden. Die Form der Transmissionskurve eines Hα-Filters entspricht einer Lorentz-Glockenkurve. Ein wichtiges Kriterium dafür, wie deutlich die Strukturen der Chromosphäre hervortreten, ist die Breite des Transmissionsfensters, die als Halbwertsbreite (engl. Full Width at Half Maximum - FWHM) angegeben wird. Je geringer die Halbwertsbreite ausfällt, desto besser ist der Kontrast.
Eine Möglichkeit den Kontrast weiter zu verbessern ist das Kombinieren zweier Filter, das sogenannte Filter-Stacking.
Die optimale Filter-Kombination
Beim Filter-Stacking multiplizieren sich beide Transmissionskurven und die resultierende Halbwertsbreite verringert sich dabei im Vergleich zum einfachen Filter. Schaut man sich dies für verschiedene Filter- Kombinationen an, zeigt sich, dass der größte Gewinn, d.h. die maximale Reduktion in der Halbwertsbreite erreicht wird, wenn der zweite Filter die gleiche Halbwertsbreite wie der erste besitzt. In diesem Fall reduziert sich die Halbwertsbreite um den Faktor 0,64 (vgl. Kasten). Somit kann beispielsweise mit zwei 0,07nm-Filtern (0,7Å) eine Halbwertsbreite von 0,045nm (0,45Å) erzielt werden.
Oft ist die genaue Halbwertsbreite unbekannt und Herstellerangaben sind mit gewissen Unsicherheiten behaftet. Die meisten Filtersysteme auf dem Markt weisen Halbwertsbreiten zwischen 0,05nm und 0,1nm auf. Selbst im ungünstigsten Fall – das entspricht demnach einem Halbwertsbreiten-Verhältnis von 1:2 – kann also mit einem Multiplikationsfaktor von etwa 0,85 und einer geringfügigen Kontraststeigerung gerechnet werden. Zu den zugrunde liegenden Berechnungen muss angemerkt werden, dass von idealen Filtern mit 100% Transmission auf der zentralen Wellenlänge ausgegangen wurde. In der Praxis jedoch weichen die Transmissionsmaxima davon ab und liegen typischerweise bei ca. 60%, wodurch die Bildhelligkeit beim Filter-Stacking deutlich abfällt. Insbesondere bei höheren Vergrößerungen kann dies Detailbeobachtungen erschweren. Fotografen müssen länger belichten, was im Hinblick auf das eher schlechte Seeing bei Tag ein Nachteil ist.
Halbwertsbreite ist nicht alles
Die Halbwertsbreite stellt nicht den einzigen kontrastbestimmenden Faktor dar. Von Bedeutung ist auch die Breite im Basisbereich des Transmissionsfensters. Zwei Filtersysteme können die gleiche Halbwertsbreite aufweisen und dennoch aufgrund verschiedener Basisbreiten einen unterschiedlichen Kontrast zeigen. Hier gilt: je steiler das Profil, desto geringer die Basisbreite und desto besser der Kontrast. Denn über die Ausläufer der Transmissionskurve trägt die sehr helle Photosphäre signifikant zum Anblick bei und verschlechtert somit den Kontrast.
Optimierung
Die Filter auf dem Markt lassen sich hinsichtlich der zentralen Wellenlänge durch eine Kippmechanik, über eine Temperaturregelung oder Luftdruck auf die Hα-Linie einstellen. Wichtig beim Filter-Stacking ist, dass beide Filter optimal auf die Hα-Linie eingestellt sind. Bei einer "Verstimmung" der Filter gegeneinander verschiebt sich die zentrale Wellenlänge weg von der Hα-Linie, was die Sichtbarkeit chromosphärischer Strukturen verschlechtert.
In der Praxis ist es sinnvoll zunächst nur mit Einzelfilter zu beginnen, und diesen entweder anhand des visuellen Eindrucks oder am Bildschirm per Livebild für einen bestmöglichen Kontrast einzustellen. Dann liegt die zentrale Wellenlänge des Filters auf der Hα-Linie. Danach wird der zweite Filter montiert und ebenfalls visuell optimiert.
Beobachtung mit besonders schmalen Filtern
Das Resultat der Wirkung unterschiedlich breiter Filter hat Auswirkungen auf das Ergebnis: Während mit einem breiteren System mit etwa 0,07nm die Photosphäre noch deutlich hindurchscheint, was besonders am Sonnenrand auffällt, ist sie bei 0,045nm praktisch nicht sichtbar. Die deutlich kontrastreicheren Strukturen auf der Scheibe gehen nahtlos in die Randstrukturen und Protuberanzen am Rand über. Gleichzeitig wird das Bild insgesamt dunkler, weswegen bei der Beobachtung ein effektiver Streulichtschutz ratsam ist.
Autor: Mario Weigand / Lizenz: Oculum-Verlag GmbH