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Praxis

Wie sich mithilfe von Sigma-Stacking Bilder retten lassen

Weg mit den Satellitenspuren!

Flugzeuge und Satelliten sind ein Ärgernis für den Astrofotografen. Doch muss man die Bilder wirklich komplett verwerfen?

Wie ärgerlich! Ein Flugzeug bewegte
sich während dieser 15 Minuten langen
Aufnahme von NGC 1501 durch das Bildfeld.
Ist das Bild noch verwendbar? M.Weigand Wie ärgerlich! Ein Flugzeug bewegte sich während dieser 15 Minuten langen Aufnahme von NGC 1501 durch das Bildfeld. Ist das Bild noch verwendbar? M.Weigand

Jeder, der mit der Deep-Sky-Fotografie anfängt, lernt schnell ein Problem kennen: Ein manchmal nicht unerheblicher Teil der Aufnahmen wird mit unschönen Strichspuren "verziert". Flugzeuge und Satelliten sind ein Ärgernis für den Astrofotografen, wenn sie durch das Bildfeld ziehen und mühsam gesammelte Bilddaten zerstören. Doch muss man die Bilder wirklich komplett verwerfen?

Die Programme zur Verarbeitung von astronomischen Bilddaten bieten mehrere verschiedene Stacking-Methoden an, um eine Bildserie zu einem Summenbild zu kombinieren. Die einfachste Variante ist der Mittelwert, bei dem die Helligkeitswerte der Pixel aus allen Einzelbildern zu gleichen Anteilen in den finalen Wert eingehen. Wenn also mehrere Bilder gemittelt werden, verringert sich zwar die Helligkeit einer Satellitenspur, man müsste aber absurd viele Bilder kombinieren, bis die Spur nicht mehr auffällt.

Die richtige Stacking-Methode

Eine weitere Möglichkeit ist der sogenannte Median. Hier werden für jedes Pixel alle Helligkeitswerte der Größe nach sortiert und der mittlere Wert ausgewählt. Hat man beispielsweise fünf Aufnahmen mit den Helligkeitswerten eines Pixels 9, 201, 7, 5 und 11, ist der Median die 9. In der zweiten Aufnahme war der Satellit über dem Pixel gewandert – er wurde also erfolgreich aus den Daten aussortiert. Damit wäre schon eine Möglichkeit gefunden, auch Aufnahmen mit Satellitenspuren zu verwenden.

Doch der Median führt zu schlechteren Ergebnissen als der Mittelwert. Dies kann man sich leicht mit folgenden Werten aus fünf fiktiven Aufnahmen klarmachen: 9, 9, 9, 9, 10. Dieses Szenario könnte einem schwachen Nebelausläufer oder dem Gezeitenschweif einer Galaxie entsprechen, wo nur sehr selten ein Photon registriert wird – in diesem Fall nur ein Photon im letzten Bild. Der Rest mit Wert 9 sei eine konstante Himmelshelligkeit. Der Mittelwert würde hier immerhin mit 9,2 eine leichte Aufhellung zeigen, während der Median 9 ist. Schwache Objektbereiche "leiden" also beim Median-Stacking. Nur mit sehr vielen Aufnahmen nähert sich seine Qualität dem Mittelwert an, erreicht sie jedoch nie ganz.

Sigma-Stacking

Gut wäre also eine Kombination der jeweils besten Eigenschaften von Mittelwert und Median. Diese Anforderung erfüllt das sogenannte (Kappa-)Sigma-Stacking, Sigma-Clipping oder Sigma-Reject am besten. Hier werden für jedes Pixel die Werte der Einzelaufnahmen gemittelt, außer jene Werte, die zu stark vom Mittelwert abweichen.

Ein Schema zur Funktionsweise des Sigma-Stacking. Die meisten Werte häufen sich im
Bereich 50, lediglich einen Ausreißer gibt es mit 60 – vielleicht ist ein Satellit die Ursache. Mittelwert
M und Median m unterscheiden sich etwas. Beim Sigma-Stacking werden nur die Werte im Intervall
[m -κσ, m +κσ] gemittelt. M.Weigand Ein Schema zur Funktionsweise des Sigma-Stacking. Die meisten Werte häufen sich im Bereich 50, lediglich einen Ausreißer gibt es mit 60 – vielleicht ist ein Satellit die Ursache. Mittelwert M und Median m unterscheiden sich etwas. Beim Sigma-Stacking werden nur die Werte im Intervall [m -κσ, m +κσ] gemittelt. M.Weigand

Um dies zu erreichen, wird zunächst wieder der Median m der Werte ermittelt. Dieser eignet sich besser als Referenzwert, da er im Vergleich zum Mittelwert robuster gegenüber Störungen ist. Als der nun benötigte Schwellwert kommt die Standardabweichung σ der Werteverteilung zum Einsatz. Genau genommen wird ein Vielfaches κσ (in der Regel ist κ ≈ 2) davon verwendet, das in manchen Programmen auch einstellbar ist, denn im Bereich [m - σ, m + σ] sind nur rund 68% der Werte enthalten. Dann wäre die Bedingung zu streng und es würden zu viele von den gesammelten Daten aussortiert. Alle Pixelwerte, die nun außerhalb des Intervalls liegen, werden nicht weiterverwendet. Abschließend wird aus den verbliebenen Pixelwerten der Mittelwert berechnet. Dadurch verschwinden Satellitenspuren und man erhält sehr gute Ergebnisse.

Nicht zu wenige Bilder

Nicht zu wenige Bilder

Etwas muss jedoch beachtet werden: Die Anzahl der zu mittelnden Bilder darf nicht zu gering sein. Hat man z. B. nur drei Aufnahmen, ist die Standardabweichung zu groß und die Spur wird nicht sauber entfernt, dies gelingt erst ab fünf Aufnahmen. Auch ist zu beachten, dass eine Satellitenspur keine absolut scharfe Linie ist, sondern eine weiche Kante hat. Wirklich gute Ergebnisse erhält man manchmal erst durch das Stacken von mehr als fünf Aufnahmen. In schwierigen Fällen ist das Variieren des Skalierungsfaktors κ sinnvoll.

Es zeigt sich also, dass Aufnahmen mit Satellitenspuren oder ähnlichen Störungen durchaus noch verwendet werden können. Hat man wenigstens fünf Aufnahmen im Stack, können sie erfolgreich mit dem Sigma-Stacking entfernt werden. Neben Satelliten und Flugzeugen werden so auch "Cosmics" entfernt. Zwei kostenfreie Programme, die das Sigma-Stacking anbieten, sind Fitswork und Regim.

Autor: Mario Weigand / Lizenz: Oculum-Verlag GmbH