Vom Öffnungsverhältnis und tiefen Aufnahmen in der Astrofotografie
Die Verwendung von Reducern
Ein Reducer kann bei der Anpassung der Brennweite an die Objektgröße oder an die atmosphärischen Gegebenheiten helfen.
Reducer dienen der Verringerung der Brennweite und werden gerne eingesetzt, um eine kleinere Blendenzahl F, also Brennweite pro Öffnungsdurchmesser, zu erreichen. Nicht selten ist im Internet auch zu lesen, dass man so "mehr Signal" auf den Chip bekommt. Ziel ist ein besseres Signal-zu-Rausch-Verhältnis (SNR) – wichtig für die Erstellung besonders tiefer Deep-Sky-Aufnahmen – oder die Verkürzung der Belichtungszeiten.
Die Anzahl der mit einer CCD-Kamera von einem Objekt registrierten Photonen wird maßgeblich durch die lichtsammelnde Querschnittsfläche des Teleskops und die Belichtungszeit bestimmt. In der herkömmlichen Fotografie wird zur Anpassung an die Lichtverhältnisse bei konstanter Brennweite mit der Blendeneinstellung die Öffnung und damit die Zahl der auf den Chip treffenden Photonen verändert. Für die Weitwinkel- und Teleobjektiv-Disziplin der Astrofotografie trifft folgende Aussage deshalb zu: Ein kleineres F führt bei gleicher Belichtungszeit zu einem besseren SNR. In der Astrofotografie spricht man dann von einer tieferen Aufnahme, da schwächere Objekte sich besser vom Bildrauschen abheben.
Tiefere Aufnahmen durch kleineres F?
Bei Teleskopen sieht es jedoch etwas anders aus. Hier kommen Reducer zum Einsatz, die die Brennweite des Teleskops reduzieren, während der Öffnungsdurchmesser konstant bleibt. Damit erhöht sich demnach nicht die Anzahl der gesammelten Photonen, sondern die Anzahl der Photonen pro Pixel. Das heißt, die Photonenstatistik verbessert sich nur auf einzelne Pixel bezogen, nicht jedoch für das Objekt insgesamt. Dies gilt jedoch nur für aufgelöste, flächige Objekte. Punktquellen hingegen "reagieren" nicht auf einen Reducer, sondern nur auf mehr Öffnung. Bei flächigen Objekten verringert sich die nötige Belichtungszeit, um ein bestimmtes SNR zu erreichen, um den Faktor R:
R = (Fverkürzt Fnormal)2 = (Reduzier-Faktor)2
Ein 0,75-fach Reducer verkürzt die Belichtungszeit somit fast auf die Hälfte. Bei gleicher Belichtungszeit verbessert sich für flächige Objekte das SNR um den Kehrwert des Reducer-Faktors. Ein 0,75-fach Reducer liefert also ein 1,33-fach besseres SNR. Gleichzeitig verringert sich aber zwangsläufig die Auflösung, was einen Informationsverlust bedeutet. Effektiv wird die Körnigkeit des Bildes äquivalent zur Verwendung größerer Pixel nur weniger sichtbar. Um tatsächlich mehr Bildinformationen und somit eine wirklich tiefere Aufnahme zu erhalten, müsste aber ein Teleskop mit größerer Öffnung gewählt werden. Weiterhin könnte man anstelle eines Reducers auch ein nachträgliches Software-Binning in Erwägung ziehen, das die Signalwerte mehrerer Pixel zusammenfasst. Nach dieser Betrachtung könnte man sich fragen, warum Reducer überhaupt verwendet werden sollten. Es gibt jedoch mehrere Gründe für den sinnvollen Einsatz eines Reducers.
Grenzfall schwache, flächige Objekte
Eventuell ist bei einem astrofotografischen Projekt das SNR von entscheidender Bedeutung, zum Beispiel, wenn es um den Nachweis einer extrem lichtschwachen Struktur geht. Hier seien der Nachweis von schwachen Galaxienausläufern und die Fotografie mit Schmalbandfiltern erwähnt. Zudem fehlte in der Betrachtung bislang neben der Photonenstatistik das kamerainterne Rauschen. Damit sich ein Objekt von diesem Rauschen besser abhebt, wäre eine größere Öffnung zwar definitiv die beste Lösung, ist aber eventuell nicht realisierbar. In Szenarien mit sehr geringer Photonenstatistik verbessert sich durch einen Reducer der Signalabstand zum Kamera-Rauschen, da mehr Photoelektronen einer gleichen Anzahl an Rauschelektronen pro Pixel gegenüberstehen. Durch einfaches, nachträgliches Verkleinern einer Aufnahme ohne Reducer per EBV kann nicht der gleiche Effekt erzeugt werden. Ein Reducer ist hier also tatsächlich ein Gewinn.
Seeing, Pixelgröße & Motivwahl
Für detaillierte Aufnahmen kleinerer Deep-Sky-Objekte werden gerne Teleskope mit langen Brennweiten verwendet, beispielsweise RC-Teleskope. Besitzer solcher Geräte oder auch von CCD-Kameras mit sehr kleinen Pixeln bekommen in Deutschland jedoch nicht selten Probleme mit dem Seeing. Die Sterne auf den Aufnahmen sind dann aufgebläht und feine Details werden verschmiert. Das Auflösungsvermögen des Teleskops kann so überhaupt nicht genutzt werden. Wer sich keinen Geräte-Zoo mit der passenden Optik für jede Situation zulegen kann oder möchte, findet in einem Reducer die Alternative. Im Prinzip könnte man in diesem Fall die Aufnahmen auch einfach nachträglich verkleinern oder bereits mit Binning aufnehmen. Die Verwendung eines Reducer hat jedoch den Vorteil eines größeren Bildfeldes. Nicht zuletzt ist eine wichtige Aufgabe des Astrofotografen die Wahl des Bildausschnitts für eine ästhetische Bildkomposition. Für manche Motive ist gegebenenfalls ein größeres Bildfeld nötig, sodass ein Reducer vonnöten sein kann.
Fazit
Der Reducer kann ein wichtiges Mittel zur Anpassung der Brennweite an die Objektgröße oder an die atmosphärischen Gegebenheiten sein. Auch für sehr schwache, flächige Objekte ist eine Verkürzung der Brennweite gewinnbringend, wenn ein Auflösungsverlust verschmerzt werden kann. Ansonsten ist für solche Objekte nur eines wichtig: möglichst viel Öffnung!
Autor: Mario Weigand / Lizenz: Oculum-Verlag GmbH