Die Sonne im Visier
Kein anderer Stern erlaubt uns, Details auf seiner Oberfläche zu sehen und zu fotografieren. Mit diesen Tipps gelingt's.
Die Dokumentation der täglichen Veränderungen auf unserem Zentralstern als Einstieg in die Sonnenfotografie
Die Sonne ist zweifellos ein sehr spannender Stern: Sie verändert Tag für Tag ihr Aussehen. Dies liegt einerseits an ihrer dynamischen Oberfläche, auf der sich ständig Strukturen entwickeln und vergehen, zum anderen auch an der Eigenrotation, die je nach heliographischer Breite zwischen 25 und 35 Tagen beträgt. Es ist eine spannende Herausforderung, diese täglichen Veränderungen fotografisch zu dokumentieren.
Für den Einstieg in die Sonnenfotografie bietet sich die Photosphäre an, also die nur rund 400km dicke und zwischen 5500°C bis 6000°C heiße, sichtbare Oberfläche der Sonne. Hier soll es um Aufnahmen im Weißlicht gehen, also im gesamten sichtbaren Bereich des Lichts. Entscheidend ist dabei, die ungeheure Strahlungsenergie der Sonne zu reduzieren: Beobachten Sie daher die Sonne nie ohne entsprechende Filterung – dies kann zu irreparablen Augenschäden führen!
Geschützter Blick
Eine der populärsten, preiswertesten und einfachsten Arten der Lichtdämpfung zur Sonnenfotografie im Weißlicht ist der Einsatz einer entsprechenden Sonnenfilterfolie. Derartige Folien reduzieren das in die Optik eintretende Licht auf einen Bruchteil der Strahlung und ermöglichen damit die gefahrlose Sonnenbeobachtung. Aus Sonnenfilterfolien lassen sich recht einfach Objektivfilter für Fotoobjektive und Teleskope herstellen. Foliensonnenfilter für unterschiedliche Teleskope gibt es zudem auch fertig zu kaufen.
Unterschieden wird zwischen Filterfolien mit einer neutralen Dichte ND 5 für die visuelle Nutzung und Folien mit ND 3,8 für die Fotografie. Beide Folien reduzieren das Sonnenlicht, dies jedoch in unterschiedlichem Umfang: Die Folie für die visuelle Beobachtung (ND 5) lässt nur 1/100000 des Sonnenlichtes durch, um eine blendfreie Beobachtung zu ermöglichen, während die fotografische Folie (ND 3,8) 1/6300 des Sonnenlichtes passieren lässt. Dies ist für die visuelle Beobachtung deutlich zu viel, ermöglicht bei der Fotografie aber sehr kurze Belichtungszeiten zum Einfrieren der Luftbewegung. Alternativ zu den Foliensonnenfiltern sind auch aufsteckbare Glassonnenfilter für verschiedene Teleskopgrößen und -typen erhältlich.
Mit hunderten Bildern zum Erfolg
In der Sonnenfotografie hat es sich bewährt, mit einer CCD-Kamera mehrere hundert (oder tausend) Bilder der Sonne als Film aufzuzeichnen und aus diesem Film, mithilfe der digitalen Bildverarbeitung, die besten Bilder herauszusuchen (bzw. von der Software heraussuchen zu lassen) und nur diese dann zu einem fertigen Bild weiterzuverarbeiten. Das Verfahren ähnelt dem Aufnahmeprozess bei der Mond- und Planetenfotografie.
Da die Sonne ausreichend Licht zur Verfügung stellt, beträgt die jeweilige Belichtungszeit der Einzelbilder nur Sekundenbruchteile und auch ein mehrere tausend Bilder umfassender Film ist nach wenigen Minuten erstellt. Auf diese Weise kann die störende Luftunruhe, die einzelne Bilder unter Umständen sehr unscharf und verwaschen aussehen lässt, bei der Bildverarbeitung herausgerechnet werden.
Auswahl der Motive
Sonnenflecken sind die für Einsteiger am einfachsten zu fotografierenden Objekte auf der Sonne. Es handelt sich dabei um kältere Stellen der Photosphäre, deren Temperatur um etwa 1000°C unterhalb der Umgebungstemperatur liegt, sodass diese Stellen als dunkle Flecken erscheinen. Die Form, Größe und Gestalt der einzelnen Sonnenflecken kann sich kontinuierlich und individuell verändern – das macht deren tägliche fotografische Dokumentation so reizvoll. Die zentralen Bereiche der Sonnenflecken (Umbra) erscheinen meist scharf begrenzt und werden bei größeren Flecken häufig durch einen Penumbra genannten, helleren Bereich umgeben. Sonnenfleckengruppen haben nicht selten zwei Zentren und werden dann als bipolare Gruppen bezeichnet.
Die Aufnahmepraxis
Mit kurzbrennweitigen Teleskopen können schöne Übersichtsaufnahmen der gesamten Sonne gewonnen werden. Mit langbrennweitigen Teleskopen ist hingegen eine detaillierte Auflösung und Fotografie der einzelnen Fleckenstrukturen möglich. Mit Teleskopen ab 100mm Öffnung kann bei gutem Seeing auch die granulare Oberfläche der Sonne fotografiert werden: Bei den einzelnen Granulen handelt es sich um kurzlebige auf- und absteigende Gasblasen mit Durchmessern von rund 1000km.
Bei der Wahl des Beobachtungsortes sollte darauf geachtet werden, dass die Sonnenfotografie nicht durch unnötige Turbulenzen gestört wird, wie etwa Kaminluft oder Wärme abstrahlende Flächen. Je nach verwendeter Brennweite kann es unter Umständen schwierig sein, das Teleskop auf die Sonne auszurichten, zumal dann, wenn der Sucher aus Sicherheitsgründen abgedeckt ist. Hilfreich sind hier kleine "Sonnensucher", die im Wesentlichen aus einem Loch bestehen und als Lochkamera ein Bild der Sonne auf eine Präsentationsfläche werfen. So einfach diese Sonnensucher von der Konstruktion her sind, so zuverlässig sind sie in der Anwendung.
Die Fokussierung für die Aufnahme kann dann recht einfach anhand des vergrößert dargestellten Sonnenbildes auf dem Notebook-Monitor erfolgen, ehe die Aufnahmesequenz gestartet wird. Für die Bildverarbeitung der Filmsequenzen stehen verschiedene Programme zur Verfügung: Die kostenlose Software AviStack eignet sich beispielsweise sehr gut, um Sonnenaufnahmen zu entwickeln.
Autor: Ullrich Dittler / Lizenz: Oculum-Verlag GmbH