Raumstation vor der Sonne. Equipment und Vorbereitung
Fotos der ISS vor der Sonne bieten eine tolle Abwechslung zu Langzeitaufnahmen. Wie exakte Planung zum erfolgreichen Foto führt.
So gelingt die Dokumentation eines Transits der Internationalen Raumstation ISS vor der Sonne
Die Astrofotografie ist meist von langen Belichtungszeiten geprägt, die bei der Deep-Sky-Fotografie viele Stunden umfassen können. Ganz anders verhält es sich bei der Fotografie der Internationalen Raumstation ISS vor der Sonne – hier sind eine detaillierte Planung für das nur 0,6 bis 3 Sekunden andauernde Ereignis entscheidend.
Die Internationale Raumstation ISS kreist in einer Höhe von rund 400km mit einer Bahnneigung von 51,6° in östlicher Richtung um die Erde und benötigt für eine Umrundung rund 92 Minuten. In der Abend- oder Morgendämmerung ist die ISS leicht zu erkennen, wenn sie noch von der Sonne beschienen wird und über den dunklen Himmel zieht. Als langer heller Strich ist sie dann leicht auf weitwinkligen Dämmerungsaufnahmen auszumachen. Wer mehr als nur einen hellen Strich der ISS fotografieren möchte, für den ist es sicherlich eine spannende Herausforderung, die ISS bei einem Transit vor der Sonne oder dem Mond zu fotografieren. Dabei zeichnen sich die Struktur und der aktuelle Aufbau der ISS vor der leuchtenden Sonne oder dem reflektierten Mondlicht ab.
Vorbereitung am Computer
Entscheidend für eine erfolgreiche Fotografie eines ISS-Transits ist die detaillierte und sekundengenaue Planung: Zunächst muss geklärt werden, wann und wo ein Transit der ISS vor der Sonne oder dem Mond zu beobachten ist. Hierbei helfen einschlägige Webseiten wie etwa CalSky oder Sky & Telescope, die ständig die Flugdaten der ISS protokollieren und so stets eine gültige Vorhersage der Flugbahn ermöglichen. Nach der Eingabe der eigenen Standortkoordinaten kann auf der genannten Webseite unter "Satelliten" die ISS ausgewählt werden. Angeben lässt sich auch, welche Ereignisse der kommenden ISS-Überflüge für den gewählten Zeitraum und für welche Entfernung vom eigenen Standort angezeigt werden sollen. Um die Transits der Raumstation vor Sonne und Mond zu sehen, sollte hierbei "Satelliten-Überflüge" deaktiviert und stattdessen "Nur Sonne und Mond" ausgewählt werden. Unter "Maximale Entfernung zur Zentrallinie des Transits" kann dann noch angegeben werden, in welchem Umkreis beobachtbare Transits angezeigt werden soll, wobei es sich hierbei um die Entfernung in der Luftlinie zur Zentrallinie handelt, sodass der Weg mit dem Auto unter Umständen deutlich länger sein kann. Ein Klick auf "go" lässt die Berechnung für die ausgewählten Parameter starten, die im Ergebnis eine Liste der beobachtbaren Transits für den gewählten Umkreis generiert.
Auf den Standort kommt es an
Bei der Auswahl eines zu beobachtenden Transits aus der Ergebnisliste sind aber nicht nur die Wetterbedingungen am Tag des Transits und die angegebene Entfernung zu einem Beobachtungsort auf der Zentrallinie entscheidend, sondern auch die Höhe des Sonnenstands zum Zeitpunkt des Transits: Bei einem niedrigen und horizontnahen Sonnenstand ist bei der Auswahl des Beobachtungsortes auf eine freie Horizontsicht zu achten und darauf, dass die Sonne nicht über einer Stadt oder Industrieanlage steht, die durch ihre Abwärme zu Luftunruhe vor der Sonne führt. Zudem führt ein horizontnaher Transit dazu, dass die Entfernung zwischen ISS und Beobachter meist deutlich größer ist als bei einem Überflug im Zenit über dem Beobachter. Und die Entfernung zwischen Beobachter und ISS hat natürlich Auswirkungen darauf, wie groß die ISS auf den Bildern erscheint und wie lange der Transit dauert. Optimal ist sicherlich eine kurze Entfernung im Bereich von wenig mehr als 400km (die zu Transitzeiten von unter einer Sekunde führen), bei horizontnahen Transits kann die Entfernung auch schon mal auf über 1100km (und eine Transitdauer von über drei Sekunden) ansteigen.
Notwendiges Equipment
Da die Fotografie eines Transits der ISS vor der Sonne in der Regel mit einer Fahrt zu einem Beobachtungsort auf der Zentrallinie verbunden ist, bietet sich der Einsatz kurzbrennweitiger Reiseteleskope und entsprechend stabiler Reisemontierungen mit motorischer Nachführung an. Bei der Auswahl der verwendeten Kamera sind die Größe des Chips und die Bildfrequenz entscheidend: Um alle Phasen eines Transits fotografieren zu können, sollte die verwendete Kamera es in Verbindung mit dem gewählten Teleskop erlauben, die ganze Sonnenscheibe abzubilden. Kameras mit größerem Chip sind daher besser geeignet als Kameras mit kleinerem Chip, da dann auch die Brennweite – und so meist auch die Auflösung – des verwendeten Teleskops größer gewählt werden können. Zudem ist eine möglichst hohe Bildfrequenz der Kamera entscheidend dafür, wie viele Bilder des Überflugs aufgezeichnet werden. Kameras, die nur drei bis vier Bilder pro Sekunde aufzeichnen können (wie dies beispielsweise bei einigen preiswerten DSLR der Fall ist), liefern bei einem nahen und daher kurzen Überflug oft nur eine Handvoll Bilder. Die in der Sonnen- und Planetenfotografie eingesetzten üblichen CCD-Kameras arbeiten hingegen mit Bildfrequenzen von bis zu 30 bis 60 (oder noch mehr) Bildern pro Sekunde und können so deutlich mehr Phasen des Transits dokumentieren.
Auch eine exakte Uhr mit Sekundenanzeige ist dringend notwendig, um die entscheidende(n) Sekunde(n) des Transits nicht zu verpassen. Eine solche ist aber in den meisten Smartphones integriert und da die angezeigte Zeit in der Regel über GPS-Satelliten abgeglichen wird, sind Smartphones meist deutlich besser geeignet als beispielsweise Armbanduhren.
Autor: Ullrich Dittler / Lizenz: Oculum-Verlag GmbH