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Praxis

Justage – aber was?

Erstaunlich, was man an so einem Teleskop alles justieren kann. Aber nicht alles sollte man selbst einstellen.

Justierschrauben sollten immer gut zugänglich und leicht benutzbar sein. S. Wienstein Justierschrauben sollten immer gut zugänglich und leicht benutzbar sein. S. Wienstein

Über die Justage lässt sich das Optimum aus der eigenen Optik herausholen. Im ersten Teil geht es um die Frage, was überhaupt justiert werden kann und sollte.

Die Teleskopjustage anfassen? Das ist für viele Sternfreunde ein Angstthema. Man verlässt sich darauf, dass das Gerät irgendwann einmal eine Werksjustage erhalten hat – und seitdem keiner Belastung ausgesetzt gewesen ist. Solange man sicher weiß, dass eine Optik gut abbildet, ist das auch kein Problem. Man kann aber davon ausgehen, dass viele Teleskope durch diese Einstellung weit abseits ihrer wahren Leistungsfähigkeit verwendet werden.

Eine korrekte Justage sollte immer als der Schlüssel dazu verstanden werden, dem eigenen Teleskop die beste Leistung zu entlocken. Dazu gilt es zu wissen, was justiert werden kann, und wie man diese Justage erfolgversprechend angeht oder auch die Justagemöglichkeiten in der Praxis verbessern kann.

Was kann und sollte justiert werden?

Auf jeden Fall sollten Hauptspiegel und die Objektiv-Baugruppe justiert werden. Die optische Achse, also jener Teil des Bildfeldes mit optimaler Bildwiedergabe, beginnt hier. Die Justage aller weiteren Elemente wie Fang- bzw. Sekundärspiegel, Korrektoren, Okularauszug und Zenitspiegel bzw. -prisma muss die optische Achse gerade und mittig in den Okularauszug und damit auch mittig und gerade in Okular und Kamera hineinbringen. Dort muss sie bleiben, auch wenn der Okularauszug rotierbar ist oder der Zenitspiegel gedreht wird.

Hier muss der Fachmann ran

Leicht zu übersehen – dieser Okularauszug
kann mit kleinen Madenschrauben auf die
richtige Spur gebracht werden. S. Wienstein Leicht zu übersehen – dieser Okularauszug kann mit kleinen Madenschrauben auf die richtige Spur gebracht werden. S. Wienstein

Innerhalb eines Objektivs oder Korrektors werden die Linsen durch Abstandsplättchen oder Distanzringe justiert. Abstandsplättchen wählt der Feinoptiker in genau abgestuften Materialstärken aus. Die Linsen werden zusätzlich rotationskollimiert. Sie dürfen dann nicht mehr verdreht werden und auch die Abstandsplättchen müssen an Ort und Stelle bleiben, da sie sich sonst nicht mehr auseinanderhalten lassen. So ein Objektiv lässt man besser unangetastet. Sollte tatsächlich eine Demontage nötig sein, zum Beispiel nach einem Wasserschaden oder wegen Pilzbefall, so sollte man auf dem matten Linsenrand nach Justagemarken in Form von Bleistiftstrichen suchen – oder sie selbst anbringen. Wasserfeste Stifte bergen die Gefahr, dass sie zuweilen mit Lösemitteln wie Isopropanol leicht abwaschbar sind.

Distanzringe werden vor allem gern in günstigen Objektiven zur Justage verwendet. Sie sind aus einem flexiblen Material, das durch kleine Madenschrauben in der Fassung verschoben und auch eirig gedrückt wird. Durch die Linsenkrümmung verschieben und verkippen sich die Linsen dann entsprechend der Deformation. Auch hier sollte man nicht unbedarft etwas verändern, denn dreht man eine der Schrauben zu weit herein, kann diese am Linsenrand hängen bleiben und einen Muschelbruch oder Schlimmeres verursachen.

Wo die Justage festgelegt ist

In einigen wenigen Fällen sind unterschiedliche optische Flächen fest miteinander verbunden und können nicht justiert werden. Ein bekanntes Beispiel sind vor allem kleinere Maksutov-Cassegrains. Während bei größeren "Maks" meist der Sekundärspiegel vom Meniskus-Korrektor getrennt ist, verwenden kleinere Geräte ein Optikdesign, bei dem der Sekundärspiegel einfach auf die Krümmung des Meniskus aufgedampft wird. In seltenen Fällen erhält der Fangspiegel einen eigenen Schliff in diesem Bereich der Linse. Dadurch liegen dann nicht nur drei Flächen zueinander fest, sondern bezüglich des Strahlengangs ist der Sekundärspiegel durch etliche Zentimeter Lichtweg und den Hauptspiegel vom Rest des Korrektors getrennt. Bei solchen Geräten muss die Justage sich zwangsläufig an diesem Element orientieren. Ist der Korrektor perfekt hergestellt, kann das sogar eine Erleichterung sein, weil sich alle anderen Elemente am Meniskus- Korrektor ausrichten lassen.

Autor: Sven Wienstein / Lizenz: Oculum-Verlag GmbH